p1
Das Fundament: Der Huf
p1 p1 p1 p1 p1

Der Huf ist bekanntlich das Fundament des Pferdes -  “No Foot, No Horse”. Schon in der Antike wusste man das. Der Grieche Xenophon reitet bei seinen Ausführungen ausführlich auf diesem Thema herum. Je stabiler und korrekter das Fundament, desto weniger ist mit Problemen zu rechnen. Es ist beeindruckend welche Kräfte der relativ kleine Pferdehuf im Verhältnis zur Körpermasse aushalten kann. Die Belastung pro Quadratzentimeter Fußungsfläche ist  fast fünfmal größer als beim Menschen und das bei einer viermal so hohen  Bewegungsgeschwindigkeit.

Das Hufrollensyndrom ist ein Problem, in das alle Strukturen im hinteren Bereich des Hufes involviert sind. Die Gesundheit des Hufes ist die Voraussetzung für einen gesunden Bewegungsapparat. Das erste Kriterium für die Korrektheit des Fundaments ist die Hufform. 

Ausgehend von der Hufform gibt es drei Kategorien:

Zum Vergleich und zur Verdeutlichung der Problematik stelle ich Ihnen drei verschiedene Schuhe zur Auswahl. Mit welchem würden Sie Sport betreiben wollen?
Hausschuh02
Sportschuh
Stoeckelschuh02

 

Natürlich mit dem mittleren  - dem Sportschuh mit guter Stoßdämpfung und stabiler Standfläche. Der linke hat keine Dämpfungsfunktion und eine relativ instabile Standfläche, der rechte hat zwar eine gute Standfläche, aber er dämpft überhaupt nicht.

Das Pendant beim Pferd:
Modell_normal
Modell_flach
Modell_steil

Der linke Huf ist ungünstig, da er zu steil und zu eng ist, der rechte hat eine lange Zehe und flache untergeschobene Trachten - beide sind “unbequem” bei Belastung. Der mittlere Huf hat eine gut dämpfende Stellung der Hufwände, ist bequem in der Fußung und schützt den Huf wie ein Sportschuh vor Vibrationen und Stößen bei der Fußung.

 

Die Eigenschaften der drei Hufformen:

    • Der enge steile Huf
    • Die tiefe Beugesehne ist "verkürzt" und steht unter vermehrter Spannung, der Huf ist steil und eng geworden, hat ein hohes Sohlengewölbe und eine zu kleine Grundfläche, da der Hufmechanismus wegen “schonender” Fußung ausgesetzt wird. Die Dämpfungsfunktion ist stark herabgesetzt, jede Fußung, besonders auf hartem Boden, ist unangenehm, da sie prellt. Entsprechend hölzern ist der Gang besonders auf dem Zirkel bei festem Untergrund.

    • Der korrekt und “gut aussehende” Huf
    • Der Huf ist nicht zu flach und nicht zu steil, hat eine gute stabile leicht gewölbte Sohle, gute Trachten und einen guten Strahl mit Bodenkontakt bei der Fußung. Ein solcher Huf schützt die Gliedmaßenstrukturen vor Prellungen und daraus resultierenden Erkrankungen.

    • Der flache Huf mit vorgeschobener Zehe, flachen untergeschobenen bis eingerollten Trachten
    • Wie der Hausschuh von oben hat er eine dünne, flache Sohle, keinen vernünftig ausgebildeten Strahl, gequetschte eingerollte Trachten und somit als Schutz fast nutzlos. Meist ist die Zehenachse gebrochen, sodass die Gelenke noch mehr gestaucht werden.

 

Leistungssportler achten extrem auf gutes Schuhwerk, das genau auf die sportlichen Bedürfnisse abgestimmt ist. Beim “Sportler” Pferd wird viel zu wenig auf ein optimales Fundament geachtet. Die vielen Sportarten-spezifischen Schuhe belegen dies. Dabei sei nochmals betont, dass nicht der Beschlag dem Sportschuh entspricht, sondern der gesamte Huf. Das Hufeisen ist lediglich Bestandteil des Sportpferde Schuhes.

 

 

Die röntgenologische Auswertung verschiedener Hufformen

Beispiele für  Röntgenbilder gesunder und krankhafter Hufe

Der Hufwinkel ist der Winkel den die Zehenwand zum Boden bildet. Im Idealzustand beträgt der Hufwinkel 40-50° (Hinterhuf um die 55°) . Die Trachten haben von der Seite gesehen annähernd den gleichen Winkel, sind aber meist etwas flacher. Eine Achse von Hufbein, Kronbein und Fesselbein (Zehenachse) soll gerade verlaufen und nicht gebrochen sein.

Normale Werte eines gesunden Hufes. Der Winkel der Trachten ist zwar flacher, weicht aber nicht mehr als 15° von dem der Zehenwand ab. Die Zehenachse ist gerade und nicht gebrochen.

Das Hufbein sitzt gut in der Hornkapsel, ist nicht abgesunken und hat dadurch genug Abstand zum Boden. Die vordere Wand des Hufbeines und der Hornkapsel sind parallel und der Abstand zwischen Hufbein und Hornwandoberfläche ist korrekt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Röntgenbilder von Pferden mit erheblichen Stellungsfehlern

Flacher Huf mit langer Zehe und eingerollten Trachten

Pferd mit zerstörtem “Stoßdämpfer”. Gebrochene Zehenachse, abgesunkenes Hufbein, negativer Hufbein-Bodenwinkel, Knochenschwund (Atrophie) der Hufbeinäste wegen der übermäßigen Druckbelastung, dünne Sohle. Ohne konsequente Korrekturmaßnahmen hat dieses Pferd wenig Chancen.

 

 

DSC09024

 

 

0

2

3

Bildmaterial flacher Huf mit eingerollten Trachten und zerstörtem “Stoßdämpfer”.. Das Hufbein ist abgesunken und deformiert. (Zum Vergrößern und Kommentar auf des erste Bild Klicken)

 

 

 

Steiler, enger Huf

Steiler Huf mit gebrochener Zehenachse. Auch dieser Huf hat wenig Dämpfungsfunktion.

 

 

 

 

 

 

 

 

0

1

2

3

4

Bildmaterial enger steiler Huf ohne Dämpfungsfunktion. (Zum Vergrößern und Kommentar auf des erste Bild Klicken)

 

Bockhuf

Bockhuf

Flacher Huf

Flacher Huf

0

1

2

3

Flacher Huf

Sinker

Sinker

Gebrochene Zehenachse

4

5

6

7

Weitere Beispiele für Hufe mit starken Fehlstellungen oder Veränderungen und mangelnder Dämpfungsfunktion. (Zum Vergrößern und Kommentar auf des erste Bild Klicken)

 

 

Für die Stoßdämpfung relevante anatomische  Strukturen des Hufes

Die für die Stoßdämpfung relevanten Strukturen im Huf sind:

Die Hufknorpel 1

Das Strahlkissen 2

Ein speziell angelegtes Gefäßsystem im Ballenbereich 3

Die Sohle des Hufes und des Strahles 4

Die Eckstreben 5

Die Verbindungsschicht zwischen Hufbein und Hornkapsel 6

Diese Strukturen sind zwar bei jedem Pferd vorhanden, sie sind aber von Pferd zu Pferd sehr unterschiedlich ausgebildet. Diese Unterschiede bestimmen, wie gut ein Pferd die bei der Fußung auftretenden Energien dämpfen kann. Der “Stoßdämpfer” ist mit zahlreichen bandartigen Strukturen an den  knöchernen Strukturen (Hufbein und Strahlbein) sowie den Gewicht tragenden Weichteilgeweben (Tiefe Beugesehne,...) .im Huf befestigt.

 

Die Unterschiede sind zum einen

    • individuell angeboren oder vererbt
    • im Laufe der Zeit angepasst an die Lebensbedingungen erworben bzw. umgebaut
    • als Resultat einer chronischen Lahmheit entstanden

Kommt es zu Veränderungen, die die Stoßdämpfungsfunktionen des Hufes verschlechtern, werden die Gewicht tragenden Strukturen entsprechend mehr belastet, was die Krankheitsanfälligkeit wesentlich erhöht oder in einem Teufelskreis endet.

Die Hufknorpel und ein darin eingebautes spezielles Gefäßgeflecht bilden zusammen mit dem Strahlkissen eine Art hydraulischen Stoßdämpfer, der Vibrationen und Energie bei der Fußung wegdämpft. Die Ausbildung und Funktionsfähigkeit dieses Systems variiert zwischen den verschiedenen Pferden ganz erheblich. Die interne Struktur und Qualität des Hufknorpels verändert sich mit dem Alter des Pferdes und kann bis zur röntgenologischen Verknöcherung führen. Im Verlauf dieser Umstrukturierung wird der Hufknorpel starrer und verliert damit Dämpfungsfunktion.

    • Je dünner der Hufknorpel, desto weniger Gefäßnetz ist vorhanden, womit die Dämpfungsfunktion abnimmt
    • Mit zunehmender Versteifung (Hufknorpelverknöcherung) verliert der “Stoßdämpfer” seine Wirkung

Der Dämpfungsmechanismus erfordert ein hohes Maß an Bewegung im hinteren Bereich des Hufes. Beim Auftreffen des Hufes auf den Boden bewegen sich die Trachten auseinander und das Hufbein sinkt in der Hornkapsel nach unten. Durch diese Bewegung im Rahmen des Hufmechanismus entsteht ein Unterdruck im  Strahlkissen und im Moment des Auffußens wird Blut mit hohem Druck in das Gefäßsystem der Hufknorpel gepresst. Dies entspricht in seiner Wirkung der Funktion eines hydraulischen Stoßdämpfers. Die knöchernen Strukturen werden effektiv vor den extrem schädlichen Vibrationen geschützt, solange dieser Mechanismus nicht gestört ist. Die Weichteilstrukturen wie Sehnen und Bänder haben lediglich die Funktion einer Feder und sind an der Vibrationsdämpfung nicht beteiligt. Sie nehmen wie eine Feder lediglich die Energie auf, speichern sie und setzen sie beim Abfußen wieder frei.

 

 

Einzelheiten zur Fußung und Funktionsweise von Huf und Bewegungsablauf

Die Hauptfunktionen des hinteren Bereiches des Hufes ist ähnlich dem des Fahrwerkes eines Autos oder eben eines Sportschuhes.

Funktionen des Hufes des Hufes:

    • Lastaufnahme - Trage- und Stützfunktion für das Gewicht des Pferdes
    • Federung - Dämpfung bzw. Stoßdämpfer bei der Lastaufnahme in Bewegung

 

Die Kräfte

Die Kräfte, die auf den Pferdehuf einwirken sind gewaltig und zerstörerisch, wenn sie nicht abgedämpft auf die Gliedmaße übertragen werden. Die Fußung muss dazu annähernd plan erfolgen (Im Normalfall fußen die Trachten ca. - 15 Millisekunden vor Aufsetzen des Gesamten Hufes). Die Hauptbelastung findet zwar nicht beim ersten Bodenkontakt, sondern in der Mitte der Fußung statt aber die Abbremskräfte, die der Hufe verkraften muss sind enorm und erreichen  bis zu 100g (1g = 9,8 m/sec2, 100g entspricht 100facher Erdanziehung). Nach dem Auffußen treten für ca. 50 Millisekunden starke hochfrequente Vibrationen auf, die durch den “Stoßdämpfer” neutralisiert werden müssen, sollen sie keinen Schaden anrichten. 

Die Kraftübertragung vom Boden auf den Huf findet über mehrere Strukturen statt. Welche Strukturen zum tragen kommen, hängt vom Moment des Fußungsablaufes ab und von der Bodenbeschaffenheit. Auf hartem Boden, wenn die Sohle nicht ausgefüllt ist, trägt nur der Tragrand der Wand und die Eckstrebe. Wenn die Sohle wie im natürlichen Zustand mit Erdreich ausgefüllt ist kommt auch die Sohle zum tragen. Im natürlichen Zustand trägt die Sohle mit, weshalb das Hufbein auf seiner Unterseite auch entsprechend konstruiert ist. Das Hufbein ist  zum einen an der Innenseite der Hornkapsel elastisch aufgehängt und wird andererseits von der Sohle des Hufes gestützt, sofern natürliche Verhältnisse vorliegen. Welche Struktur am stärksten belastet wird, hängt vom Moment des Bewegungsablaufes ab.

 

Der Fußungsablauf

Im Normalfall hat bei der Fußung die äußere Trachte zuerst Bodenkontakt. Dies ist mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar. (Die Fußung ist nicht, wie man bisher annahm, idealer weise plan) Warum die äußere Trachte zuerst auffußt, ist nicht eindeutig klar. Entweder liegen mechanische Gründe vor oder die äußere Trachte dient sozusagen als Fühler des Pferdes für den Bodenkontakt.

Die mechanische Erklärung beruht darauf, dass im Normalfall das Pferd versucht, das gewichtstragende Bein in der Stützphase näher unter den Schwerpunkt zu bekommen, was in einer leichten Bewegung zur Mittellinie hin resultiert. Dadurch wird auch die Bodenfläche des Hufes leicht nach innen gekippt, womit die äußere Trachte zuerst Bodenkontakt bekommt.

Die Bewegungssensortheorie geht davon aus, dass ein kleiner Bereich des Hufes sozusagen vorfühlen soll, wann der Huf Kontakt mit dem Boden bekommt, was das Pferd ja nicht sehen kann, um so den restlichen Bewegungsablauf zu koordinieren. Dadurch, dass die äußere Trachte eher fußt, ist die Gesamtbelastung der äußeren Trachte auch höher als die der inneren Trachte. Im weiteren Verlauf der Fußung setzt als nächstes die innere Trachte auf und klappt dann mit der Zehe nach unten bis der gesamte Tragrand Bodenkontakt hat. Im Zentrum der Lastaufnahme trägt dann beim unbeschlagenen Huf auf natürlichen Bodenverhältnissen der mittlere Teil von Sohle und Strahl die Hauptlast. Zum Ende der Fußung, beim Abschieben erfolgt die Kraftübertragung ausschließlich über den Zehenbereich der Wand, wenn sich die Zehe zum Abschieben in den Boden krallt.

Der frühen Stützphase kommt eine Schlüsselposition zu.

Bei einer Hufrollenerkrankung verändert sich das Fußungsmuster und die Biomechanik ändert sich. Während im Normalfall die maximale Belastung des Strahlbeins und der tiefen Beugesehne erst am Ende der Stützphase (nach 85% der Dauer der Stützphase) auftritt, erfolgt diese bei  Pferden mit Hufrollensyndrom bereits wesentlich früher (nach 20% der Stützphase) und hält dann bis zum Ende der Stützphase an. Die Strukturen des Hufrollenkomplexes werden also wesentlich länger belastet. Die dabei entstehenden Kräfte sind so groß, dass sie dauerhaft Knorpel zerstören müssen.

 

Erklärt wird das veränderte Bewegungsmuster durch eine aktive Kontraktion des muskulären Anteils der tiefen Beugesehne. Dadurch wird eine stärkere Vorspannung der tiefen Beugesehne erzeugt. Das Pferd versucht das untere Strahlbeinband zu entlasten, das sehr viele Nervenfasern enthält und quasi der Sensor des Strahlbeinkomplexes ist. Die Entlastung dieser sensiblen Struktur führt aber zu einer erheblichen Mehrbelastung des Strahlbeines und dadurch zu einem schnelleren Fortschreiten der Erkrankung. Wenn dieser Zustand lange anhält, verkürzen sich vermutlich die Fasern des Muskels und das Fußungsmuster wird auch durch Anästhesie oder Nervenschnitt nicht mehr normalisiert.

(Zum Aufrufen der Animation auf Bilderserie klicken)

Schematischer Ablauf der Fußung im Trab und Galopp. Zuerst haben die Trachten Bodenkontakt, dann federt der Fesselkopf auf den Boden zu bis die Gliedmaße sich wieder streckt und abfußt.

 

Zehenfußung

Zehenfußung bei einem Pferd mit Erkrankung des Hufrollenkomplexes (Insertionsdesmopathie der tiefen Beugesehne und Umbauveränderungen am Strahlbein)

 

 

Der Hufmechanismus bei gesunden und kranken Hufen

 

HufNormal- 1Gesunder Huf

Die Funktionsweise des Hufmechanismus mit guter Stoßdämpfung ist hier abgebildet. Hufknorpel und Eckstreben sind gut ausgebildet.

Das für eine effiziente Stoß- und Vibrationsdämpfung notwendige Maß an Beweglichkeit wird nur erreicht, wenn der Strahl Bodenkontakt hat und der Huf eine korrekte Hufform und Größe aufweist.                                        

 

Zur Aktivierung der Animation auf Grafik klicken

Wenn der Huf so ausgebildet oder umgeformt ist, dass der Strahl keinen Bodenkontakt bekommt, werden die Hufknorpel dünner und verlieren Dämpfungsfähigkeit. Diese Hufe bekommen enge kontrahierte Trachten und einen verkümmerten Strahl.

Ist der Huf zu steil und/oder eng, ist die Dämpfungsmöglichkeit wesentlich geringer.

Bei Hufen mit langen Zehen und flachen eingerollten Trachten wird der Dämpfungsmechanismus nicht mehr aktiviert.

 

Steiler, enger Huf

Hier abgebildet ein Huf mit steilen Wänden, Trachtenzwang, verkümmertem Strahl, dünnen Hufknorpeln. Das Resultat: keine ausreichende Dämpfungsfunktion
DSC01450_k
Zwang_1

Zur Aktivierung der Animation auf Grafik klicken

.

 

Flacher Huf mit eingerollten Trachten

Wenn die Trachten flacher werden (mehr als 5% flacher als Zehenwand), verändert sich auch die Wachstumsrichtung der Trachtenwand. Die Trachten rollen ein. Da die Trachtenwand, wenn sie eingerollt ist, nicht mehr von unten bzw. vom Tragrand her belastet wird, sondern von der Seite. Sie können ihre Stütz- und Tragfunktion nicht mehr ausüben und die Trachten werden jetzt nur noch gequetscht. Solche Hufe haben meist eine eher birnenförmige Grundfläche gegenüber einem normalen runden Huf.

Die Trachtenwand kann nur noch wenig Last  aufnehmen, der Hufmechanismus fällt weg bzw. kehrt sich sogar um. Die Bewegung der Trachten geht  bei der Fußung nicht mehr nach außen sondern nach innen und drückt das Strahlkissen und alle darüber liegenden Strukturen zusammen.  Bei diesen Pferden werden die Vibrationen weitgehend ungedämpft auf den knöchernen Stützapparat übertragen. Es fehlt nicht nur die Dämpfungsfunktion, sondern es kommt mit jedem Tritt zu erheblichen Quetschungen der Trachtenhuflederhaut aber auch von Strahlbein, tiefer Beugesehne und unterem Strahlbeinband.

Eingerollt_1Die Fußungskräfte wirken auf den Huf nicht symmetrisch ein, weshalb die innere Hufwand meist etwas steiler ist als die äußere, was sich verstärkt, wenn die Dämpfung nicht funktioniert. Beim Normhuf beträgt der Bodenwinkel an der Innenseite etwa 82° +/- 3° auf der Außenseite 75° +/-3°. Je steiler die Wände, desto weniger Dämpfungsmechanismus und desto weniger Wachstum der Wand, wodurch sich der Zustand im Teufelskreis verschlimmert.    

Zur Aktivierung der Animation auf Grafik klicken

 

Die vergleichende Darstellung macht nochmals die unterschiedliche Stoßweiterleitung bei den verschiedenen Hufformen deutlich. Der enge, steile Huf leitet die Stöße ungedämpft weiter, der gut geformte Huf dämpft sie über den Hufmechanismus ab, der flache Huf mit eingerollten Trachten leitet den Stoß nach innen weiter mit der Folge einer Quetschung der inneren Strukturen.

Hufmechnismus3

 

Durchblutung und die Funktion von Sohlenhorn und Eckstreben

Auch die Hufsohle und die Eckstreben haben direkt und indirekt eine wichtige Dämpfungsfunktion. Die Hufsohle funktioniert im gesunden Zustand wie ein hydraulischer Stoßdämpfer. Dabei fließen  beachtliche Mengen Blut durch die Huflederhautgefäße (Binnen 10 Tritten eines Hufes wird das Volumen einer 1 Liter Flasche bewegt!).

Die Eckstreben sind im natürlichen Zustand die maßgeblichen Eckpfeiler im hinteren Hufbereich. Außerdem steuern sie nach neueren Untersuchungen maßgeblich zur Hornbildung im zentralen Bereich der Sohle bei.

Wird die Hornbildung der Eckstreben durch übermäßiges Kürzen oder nicht Belastung behindert, kann die Sohle nicht korrekt gebildet werden. Ist die Sohle und die Wölbung der Sohle nicht korrekt ausgebildet, leidet auch die Dämpfungsfunktion für den Strahlbeinkomplex leidet. Die normale Wachstumsrate der Hufsohle beträgt etwa 4,5 mm im Monat, was eine Erneuerungsrate von 2-3 Monaten bedeutet.  Bei zu kleinen Hufen oder welchen die zu klein geworden sind, konzentriert sich die Belastung auf eine zu kleine Fläche mit Überbelastung. Der Maximalwert sollte 5,5 kg/cm2 Sohlenfläche nicht übersteigen Auch wenn die Sohle durch einen fehlerhaften Beschlag nicht an der Lastaufnahme teilnehmen kann, werden die Kräfte, die beim Auffußen entstehen, wesentlich weniger gedämpft an die Zehe weitergeleitet.

Ein weiterer negativer Faktor ist die Überbelastung des Sohlenhorns. Bei zu starker Druckbelastung kann sich das Sohlenhorn nicht entsprechend bilden, weil die Durchblutung abgequetscht wird. Im Extremfall kommt es bei Pferden, die z.B. wegen einer Fraktur nur ein Vorderbein belasten können, zu einer so starken Mangelversorgung. dass es zu einer Überlastungsrehe mit Absinken und Durchbrechen des Hufbeines kommt. Weniger dramatische Fälle einer Hufbeinsenkung kommen relativ häufig vor. Sie werden selten bemerkt, da sie sich schleichend entwickeln. Wenn das Hufbein abgesunken ist, wird als weitere Komplikation der Bewegungsspielraum für das Hufgelenk geringer, was wiederum für das Hufgelenk schädlich ist. Das Kronbein drückt in der Abrollphase gegen den Strecksehnenfortsatz was zu einer Reizung des Hufgelenkes führt, mit der Folge einer chronischen  Hufgelenksentzündung. Das Abrollen wird beschränkt und das Pferd verliert seinen Gang.

 

Gefäßkontrastmitteldarstellung eines flachen Hufes mit gestörter Durchblutung sowohl am Kronrand als auch in der Trachtenregion. Zum Vergleich der Ballenausschnitt eines Pferdes mit normalen Durchblutungsverhältnissen.

 

 

Die Funktionsweise von tiefer Beugesehne und  Bandapparate des Strahlbeines

 

Der Bandapparat

Das Strahlbein, die Seitenbänder des Strahlbeines und die tiefe Beugesehne werden im Zentrum der Stützphase (der Zeitraum, in dem die Gliedmaße belastet wird) am stärksten auf Zug belastet. Im Modell sieht man, dass das Strahlbein und die tiefe Beugesehne darüber hinaus regelrecht in das Strahlkissen hinein auf den Boden gequetscht werden. Schon beim ruhigen Trab presst die tiefe Beugesehne das Strahlbein in diesem Moment mit einer Gewalt von weit über 400 kg gegen das Hufbein (fast 3/4 des Körpergewichtes gegen einen Knochen mit nur wenigen cm Größe!).

 

 

Das untere Strahlbeinband wird im Moment des Abschiebens zum Ende der Fußung am stärksten belastet. Je länger die Zehe, desto länger ist diese Phase maximaler Belastung für das untere Strahlbeinband.  Bei Pferden mit Hufrollenerkrankung tritt die maximale Belastung für das Strahlbein  wesentlich früher in der Stützphase ein. Auch dadurch verlängert sich diese Phase, was zu einer erheblich größeren Belastung des Strahlbeinkomplexes führt. Der Grund für die veränderte Belastung liegt darin, dass das Pferd, um Schmerzen bei einer Landung auf den Trachten zu vermeiden, die tiefe Beugesehne (über ihren Muskel) vor dem Auffußen vermehrt anspannt und eher eine Zehenfußung versucht (Dies ist nicht optisch wahrnehmbar, da es im Millisekundenbereich liegt). Dadurch entsteht ein Teufelskreis, denn die Furcht vor dem Schmerz führt zu einer Reaktion, die den Strahlbeinkomplex noch stärker belastet.

In der Anfangsphase der Erkrankung kann durch Schmerzausschaltung  die Belastung und das Bewegungsmuster wieder normalisiert werden.  Dies ist auch der Grund, weshalb bei Pferden mit noch nicht weit fortgeschrittener Hufrollenerkrankung ein Nervenschnitt den Krankheitsprozess stoppen oder verlangsamen kann. Später ist das Bewegungsmuster oft nicht mehr korrigierbar. Bei gesunden Pferden haben im Normalfall die Trachten bei der Fußung zuerst Bodenkontakt.

Bekanntlich hat die Hufstellung einen entscheidenden Einfluss auf die Zugkraft der tiefen Beugesehne. Bei flachen Hufen und/oder Hufen mit langer Zehe wird die Tiefe Beugesehne wesentlich stärker belastet. Eine experimentelle Anhebung der Trachten um 6° vermindert die Belastung des Strahlbeins durch die tiefe Beugesehne um 24%. Andere Messungen zeigen, dass bei einer steiler Stellung des Hufes um 1° eine Entlastung von 4% entsteht, was das gleiche bedeutet. In der Anfangsphase der Fußung ist der Effekt noch wesentlich größer. Flacher stellen um nur 1° gegenüber der natürlichen Stellung bedeutet in der Anfangsphase der Fußung 20% Mehrbelastung!

 

 

Durch Anheben der Trachten lässt sich der Zug an der Tiefen Beugesehne vermindern. Solch eine Trachtenanhebung ist aber  nicht immer sinnvoll, da sie zu einer weiteren Zerstörung des Trachtenbereichs führen kann. Die weitere Zerstörung tritt dann ein, wenn das Pferd zu extrem mit den Trachten fußt und/oder die Trachten bereits flach und eingerollt sind. In beiden Fällen müssen zur Rettung des Ballenbereiches die Trachten durch Spezialbeschläge aus der Belastung genommen werden.

 

 

 

 

 

Nach oben

Nächste Seite