“Hufrolle” ist eine Zivilisationskrankheit
So komplex wie das Hufrollensyndrom sind auch seine Ursachen. Meist sind mehrere Faktoren in ihrer Zusammenwirkung für die Entwicklung der Erkrankung verantwortlich. Da bei allen Faktoren der Einfluss des Menschen mit im Spiel ist, bezeichne ich das Hufrollensyndrom als Zivilisationskrankheit. Der gemeinsame Nenner dieser Zivilisationskrankheit ist ein geschwächtes, unangepasstes Fundament.
Die wichtigsten Faktoren:
- Bewegungseinschränkung / Bewegungsmangel
- Unnatürliche Bewegungsanforderungen
- Angezüchtete Bewegungsmuster bzw. “Gänge”
- Mangelnde Instandhaltung des Fundaments
- Genetische Veranlagung und mangelnde Zuchtselektion
- Unnatürliche gezüchtete Körpergröße
- Übergewicht
- Unnatürliche Aufzucht
Bewegungseinschränkung / Bewegungsmangel
Das Pferd ist ein Lauftier, das von der Natur so konstruiert ist, dass eine kontinuierliche geringgradige Bewegung über den ganzen Tag hinweg für die Gesunderhaltung des Hufes notwendig ist. Durch den Bewegungsmangel bei der heute meist üblichen Pferdehaltung mit Bewegungsverhinderung über 96% der Zeit (1 Stunde Bewegung am Tag) kann der Huf kaum gesund erhalten werden. Eine Adaptation an die relative Überbelastung beim dann kurzzeitigen reiterlichen Einsatz ist noch schwieriger. Bei 2 Stunden Bewegung am Tag liegt immer noch eine Bewegungseinschränkung von 92% der Zeit vor!
Unnatürliche Bewegungsanforderungen
Das Pferd ist von der Natur her lediglich für Fortbewegung geradeaus konstruiert, unsere Reiterei findet aber in Arenen mit 4 Ecken statt. Zum Gymnastizieren befinden wir uns fast permanent auf gebogenen Linien, für die die Gelenke nicht gebaut sind. Der Zug auf die Seitenbänder des Strahlbeines, aber auch die zerrende Belastung des unteren Strahlbeinbandes, wirkt sich mit der Zeit schädigend aus. Aus diesem Grund gibt es auch bei Vollblütern und Trabern, solange sie auf der Rennbahn sind, eigentlich keine Strahlbeinerkrankung. Das Hufgelenk erkrankt bei Rennpferden recht häufig, dann aber wegen absoluter Überlastung wie die anderen Gelenke auch. Werden diese Pferde einer Reitpferdbelastung ausgesetzt, erkranken auch diese Pferde an "Hufrolle". Wiederholte Sprünge über hohe Hindernisse kommen im ursprünglichen Alltag des Pferdes eigentlich nicht vor.
Welche Kräfte beim Reiten auf gebogenen Linien auftreten kann man aus folgenden Bildern erahnen. Das Hufgelenk ist eigentlich ein Walzengelenk, erfüllt hier aber die Funktion eines Kugelgelenkes, was es offensichtlich aber nicht ist. Die Belastungen für den Bandapparat - besonders die Seitenbänder des Hufgelenkes aber auch aller anderen Strukturen sind enorm.
Offensichtliche Drehbewegung im Hufgelenk während der Vorwärtsbewegung im Tab an der Longe |