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Diagnostik

Früher war die Diagnostik von “Hufrolle” ganz einfach: Lahmheit auf dem harten Zirkel, tiefe Palmaranästhesie positiv, Gefäßkanäle im Strahlbein und das Pferd war zu “Hufrolle” verurteilt. Mit zunehmendem Wissen ist alles viel komplizierter und verwirrender geworden, da man wesentlich mehr differenzieren kann und sich manches Dogma als falsch herausgestellt hat.

Die Diagnostik des Hufrollensyndroms stützt sich im klinischen Alltag  auf relativ unspezifische Hinweise wie Verlauf der Lahmheit, klinische Befunde am Huf und an der unteren Gliedmaße, sowie Verstärkung der Lahmheit auf hartem Boden und auf dem Kreis (Longieren oder Vortraben im Kreis auf festem Grund).  Zur weiteren Diagnostik folgen spezifische Verfahren wie Leitungs- und Gelenksanästhesien und bildgebende Verfahren wie Röntgen- und neuerdings Ultraschalluntersuchungen, in Problemfällen Szintigrafie, CT und MRT.

Der Ablauf der klinischen Untersuchung verläuft immer nach dem gleichen Schema:

    • Vorbericht - Die Krankengeschichte
    • Adspektion - Begutachtung der Strukturen, der Stellung, der Gliedmaßen und Körperhaltung
    • Palpation - Abtasten der Gliedmaße inkl. Pulsation
    • Vortraben - Auf hartem Boden geradeaus, auf dem Zirkel, drehen um die Gliedmaße und Vortraben auf weichem Boden, wenn möglich auf unebenem festen Boden
    • Beugeprobe - Beugung der Gelenke der unteren Gliedmaße für eine Minute
    • Hufzangenprobe - Gesamte Sohle und Strahl speziell die Mitte des Strahles
    • Anästhesien - Zur Schmerzausschaltungsdiagnostik

Das Longieren oder Vortraben im Kreis auf festem Grund wird  als Provokationsprobe eingesetzt, da es Lahmheiten aus dem Bereich der unteren Gliedmaße deutlich verstärkt. Das Vortraben an der Hand ist für das Pferd sicherer. An der Hand ist die Gefahr des Ausrutschens und die Frakturgefahr geringer. Die Verstärkung der Lahmheit auf dem Kreis wird als Wendeschmerz bezeichnet und ist von hohem diagnostischem Wert. Neben der Verstärkung auf dem Zirkel und auf festem Grund verschlimmert sich die Lahmheit auch meist auf unebenem Grund. Die Lahmheit ist charakterisiert als Stützbeinlahmheit mit verkürzter Vorführ- und Stützphase, wobei in den meisten Fällen die Schmerzhaftigkeit auf dem inneren Bein zunimmt. Oft wird vom Pferdehalter aber der Verdacht einer "Schulterlahmheit" oder der Verdacht auf das falsche Bein geäußert.

Andere Provokationsproben, besonders die Beugeprobe, sind für das Hufrollensyndrom relativ unspezifisch. Eine positive (schmerzhafte) Reaktion auf die Hufzange kann von einer akuten Hufrollenschleimbeutelentzündung in den meisten Fällen aber einer Huflederhaut- oder Hufbeinerkrankung herrühren. Auch bei Erkrankungen des unteren Strahlbeinbandes und der Anheftungsstelle der tiefen Beugesehne am Hufbein scheint sie am Übergang vom vorderen zum mittleren Drittel der Sohle vermehrt anzusprechen.

Ein klinisches Verdachtsmoment für Erkrankungen des Hufrollenkomplexes stellen sehr flache Trachten des Hufes dar (Trachten = hinterer Abschnitt des Hufes), da diese Stellung zu einer Mehrbelastung des Strahlbeinkomplexes führt. Ein Trachtenzwanghuf (der Huf ist im hinteren Bereich sehr eng) kann ein Hinweis für verminderte oder wegen Schmerzen im Strahlbeinkomplex vermiedene Belastung der Trachtenregion sein. Die Pferde versuchen zumindest in der Anfangsphase der Erkrankung den Stoß bei der Fußung eher auf die Zehe zu verschieben, um die Trachtenregion zu entlasten. Gelegentlich sieht man eine Entlastung der Trachten in der Ruhe und eine vermehrte Abnutzung der Zehe bis hin zu Prellungen der Zehe.

Vom Verlauf her sind Lahmheiten des Hufrollensyndroms häufig inkonstant (intermittierend). Sie treten oft nur von Zeit zu Zeit und in schwankendem Ausmaß auf. Erst bei fortschreitender Erkrankung wird die Lahmheit konstant und deutlich erkennbar.

Da die Erkrankung meist auf beiden Vorderbeinen gleichzeitig auftritt, ist eine einseitige Lahmheit zuerst nicht erkennbar, sondern es fällt ein stumpfer häufig stolpernder Gang besonders auf gebogenen Linien auf.

  • Außer dem Strahlbein kann im hinteren Bereich des Hufes  eine Vielzahl anderer Strukturen schmerzhaft sein, die von der klinischen Diagnostik nicht von einer Strahlbeinerkrankung zu unterscheiden sind.
  • Die Schmerzhaftigkeit  verschiedener Strukturen im hinteren Bereich des Hufes sieht von der klinischen Lahmheitsdiagnostik her weitgehend gleich aus.

Lahmheitsdiagnostik gleicht einem Puzzle. Nur wenn genügend Teile zusammengefügt sind wird ein Gesamtbild erkennbar. Weitere Teile im Puzzle sind diverse Anästhesien und die bildgebende Diagnostik wie Röntgen etc. Auf den Huf und seinen Beschlag  muss dabei besonderes Augenmerk gerichtet werden.

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