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Einzelheiten Anästh.

Die Anästhesien lassen sich   in Leitungsanästhesien und Anästhesien der Gelenke, Sehnenscheiden und Schleimbeute unterteilen. Die Anästhesien halten je nach Wirkstoff 40 bis 80 Minuten (Lidocain) bzw. 2 bis 2,5 Stunden (Mepivacain) an.

Leitungsanästhesien

Bei den Leitungsanästhesien wird jeweils ein Nerv und sein gesamtes Versorgungsgebiet betäubt. Die Leitungsanästhesie betäubt eine  Region unspezifisch in ihrer Gesamtheit. Leider gibt es einige Verwirrung bei der Bezeichnung der Anästhesien und wo sie am sinnvollsten zu setzen sind. Darüber hinaus ist der Verlauf der Nerven nicht so simpel, wie es in den gängigen Anatomiebüchern beschrieben ist, sondern viel komplizierter. Das Gewirr in der unten stehenden Abbildung lässt die Komplexität erahnen. Die Überprüfung des Sitzes der Anästhesie über den Verlust der Hautsensitivität ist, wie man inzwischen weiß, leider auch nicht sicher. Zehe_Modell_Neuro_k

Darstellung des Nervenverlaufes am Vorderbein:

Rot - palmarer Ast des Nervus palmaris,

Orange - R. pulvinus des N. palmaris,

Blau - dorsaler Ast des Nervus palmaris (R. dorsalis),

Grün - Ast des Palmarnerven, der mit der tiefen Beugesehne läuft,

Gelb - Äste des Metakarpalnerven

 

 

 

TPA (tiefe palmare Anästhesie)

Generell wird mit einer TPA (tiefe palmare Anästhesie) der Strahlbeinkomplex betäubt. In der Regel ist diese Anästhesie bei Pferden mit “Hufrolle” positiv, die Pferde gehen nach dieser Anästhesie “gerade” bzw. sind dann lahmheitsfrei.Zehe_TPA1_k02

Eine Leitungsanästhesie kann man grundsätzlich an jeder Stelle im Verlauf eines Nerven durchführen. Im deutschsprachigen Raum werden vier Varianten der TPA praktiziert. Die eher selten verwendete RPA (Ramus pulvinus Anästhesie), die TPA1 und TPA2 und der Fesselringblock.

Auf der Abbildung links ist der betäubte Bereich einer RPA gelb dargestellt. Der blaue Fleck markiert das Depot des Anästhetikums. Die betäubten Nerven sind weiß eingezeichnet. Es ist erkennbar, dass im  betäubten Gebiet weitere Nervenfasern verlaufen, die Schmerz übertragen können. Eine vollständige Betäubung erfolgt also nicht. Die Ballenregion ist weiter schmerzempfindlich, der Hufrollenkomplex, große Bereiche der Sohle und das Hufgelenk aber zu weiten Teilen mit betäubt.

 

Zehe_TPA1_NeuDer betäubte Bereich der TPA1, wenn diese tief (an der Kante des Hufknorpels) gesetzt wird. Mit dieser Anästhesie wird zusätzlich der Ballenbereich, fast die gesamte Sohle und in der Regel werden auch die Seitenbänder des Hufgelenkes taub. Wie man sieht, laufen auch bei dieser Anästhesie noch unbetäubte  Nervenfasern, die im wesentlichen Anteile der tiefen Beugesehne versorgen, in den Bereich des Hufes.  Die meisten Tierärzte beginnen mit dieser Anästhesie und überspringen die RPA, da die diagnostische Differenziernung zwischen RPA und TPA1 relativ unsicher ist.

 

 

 

 

 

 

Zehe_MPA_k02Auf dieser Abbildung ist der betäubte Bereich der TPA2 bzw. des Fesselringblocks dargestellt.  Durch diese Anästhesie ist am Vorderhuf praktisch alles unterhalb des Anästhesiedepots betäubt.

Bei der TPA2 soll die dorsale Nervenversorgung nicht betäubt werden, was aber in der Realität sehr oft doch der Fall ist. Beim Fesselringblock wird die dorsale Nervenversorgung gezielt mit ausgeschaltet. Eine Differenzierung zwischen TPA2 und Fesselringblock  ist relativ unsicher, da man nicht sicher weiß wie weit der dorsale Bereich mit betäubt ist, weshalb man eher einen Fesselringblock durchführen sollte.

 

 

 

 

Bei der TPA gibt es erhebliche begriffliche Unklarheiten, da verschiedene Tierärzte diese Anästhesie auf verschiedenen Höhen entlang der Fesselbeuge setzen und sich nicht konsequent an die Terminologie halten, die obendrein in der deutschsprachigen Literatur lange nicht einheitlich gehandhabt wurde.  In der englischsprachigen Literatur wird die TPA1  als “palmar digital nerv block” bezeichnet, die TPA2/Fesselringblock heißt “pastern semi-ringblock”. Außerdem gibt es hier den “abaxial sesamoid block” der einer “hohen” TPA2 oder “tiefen” MPA entspricht.

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Einzelheiten zur Durchführung

       

Intrasynoviale Anästhesien (Hufgelenksanästhesie/Bursaanästhesie)

HufgelenksanästhesieZehe_GA_Hufglk_k02

Wie die Bezeichnung schon sagt, wird hierbei das Hufgelenk direkt durch eine Injektion von Lokalanästhetikum betäubt.

Das Anästhetikum im Hufgelenk ist blau dargestellt. Das Hufgelenk ist vollständig betäubt. Der Strahlbeinkomplex ist weitgehend betäubt, die Ballenregion ist weiterhin schmerzempfindlich ähnlich der RPA. Schäden der Seitenbänder des Hufgelenkes werden meist nicht betäubt.

 

 

 

 

 

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Einzelheiten zur Durchführung

     

Bursaanästhesie

    Bei dieser Anästhesie wird Lokalanästhetikum direkt in den Hufrollenschleimbeutel injiziert. Das Injektionsverfahren ist nicht unproblematisch und muss unter Röntgen- oder Ultraschallkontrolle erfolgen.  Sie wird aus diesem Grund eher selten durchgeführt.

  
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Einzelheiten zur Durchführung

  

 

Beurteilung der Anästhesieergebnisse

Die Beurteilung der Anästhesiebefunde ist, wie sich aus obigen Bildern erahnen lässt, ausgesprochen schwierig.

    • Eine Lahmheitsfreiheit nach verscheidenen Varianten der TPA bedeutet lediglich, dass der Schmerz  aus dem unteren Bereich der Gliedmaße kommt. Eine weitere spezifische Lokalisierung mit dieser Anästhesie ist nicht sicher.

 

    • Der Grad der Besserung nach einer Hufgelenksanästhesie korreliert mit dem Schädigungsgrad von:
      • Gelenkfläche von Hufbein/Kronbein und Strahlbein
      • Körper des Strahlbeines
      • Kollateralbändern (Seitenbändern) des Strahlbeines
      • Lig. impar (unteres Strahlbeinband)
      • Teilen der tiefen Beugesehne
      • Zehenregion der Hufsohle (mit Hufzange ausschließen)

 

    • Der Grad der Besserung nach einer Bursaanästhesie korreliert mit dem Schädigungsgrad von:
      • Synovia der Bursa (Schleimbeutelentzündung)
      • Teilen der tiefen Beugesehne
      • Gleitfläche des Strahlbeines mit der tiefen Beugesehne
      • Kollateralbändern (Seitenbändern) des Strahlbeines
      • Lig. impar (unteres Strahlbeinband)
      • Zehenregion der Hufsohle (mit Hufzange ausschließen)

 

    • Keine der Leitungsanästhesien oder Intrasynovialen Anästhesien alleine  lässt einen eindeutigen Schluss auf eine Strahlbeinerkrankung zu
      • Alle Anästhesien betäuben wesentlich mehr Strukturen als nur den Hufrollenkomplex
      • Wenn entweder TPA, Hufgelenksanästhesie oder Bursaanästhesie negativ ist, muss man mit der Diagnose Strahlbeinerkrankung sehr vorsichtig sein
      • Bei einer Erkrankung des Strahlbeines sollten sowohl RPA / TPA1, Hufgelenksanästhesie, als auch Bursaanästhesie positiv sein.

 

    • Für eine saubere Diagnostik müssen Leitungsanästhesien, die Hufgelenksanästhesie und die Bursaanästhesie in separaten Untersuchungen durchgeführt werden  (Mindestens 3 Stunden Abstand). In der Regel bedeutet das, dass das Pferd in der Klinik bleiben muss.
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            (zum Vergrößern doppelklicken)

    Der Abschnitt “Beurteilung”, der Entscheidungsbaum  und die Tabelle geben einen Überblick über die betäubten Strukturen bei verschiedenen Anästhesien und die Interpretation der Befunde.

 

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