Problematik

Die Problematik der Beurteilung von Anästhesien beim Hufrollensyndrom

Wie schon mehrfach betont: Oft handelt es sich bei den Erkrankungen im Zehenendbereich eher um Syndrome, die mehrere Strukturen einschließen, als um singuläre Erkrankungen.

Wenn also mehrere Strukturen schmerzen und  nur eine davon betäubt wird, geht das Pferd weiter lahm. Als Untersucher nimmt man an, dass die gerade betäubte Struktur nicht weh tut, da das Pferd ja noch weiter lahm ist. Bei Leitungsanästhesien geht das Pferd eben erst lahmheitsfrei, wenn der an der Gliedmaße am weitesten oben liegende Schmerzherd betäubt ist.

Keine der möglichen Anästhesien lässt für sich alleine einen eindeutigen Rückschluss auf die Erkrankung einer definierten Struktur zu. Dies liegt wiederum an der Anatomie und der Nähe der Strukturen. Das Anästhetikum betäubt nie exakt eine einzelne Struktur sondern auch die Nachbarschaft oder sogar entfernt liegende Strukturen. Nur der Einsatz verschiedener Anästesieverfahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten kann hier zu einem genaueren Puzzle führen. Dies gilt besonders für das Strahlbein. Es gibt keinen pathognomonischen (für die Erkrankung 100% spezifischen) Test für eine Erkrankung des Strahlbeines.

Die Regeln für das Puzzle sehen wie folgt aus:

    • Schmerzhaftigkeit des Strahlbeines lässt sich durch verschiedene Anästhesien blocken:
      • TPA
      • Hufgelenksanästhesie
      • Bursaanästhesie
    • Eine Hufgelenkserkrankung ist nur wahrscheinlich, wenn:
      • die TPA negativ oder lediglich partiell positiv ist und die Hufgelenksanästhesie positiv ausfällt
      • oder bei positiver Hufgelenksanästhesie die Bursaanästhesie negativ ist.
    • Durch die Bursaanästhesien werden auch schmerzhafte Prozesse entfernt von der Bursa betäubt
      • des Hufbeines (Sohlenfläche)
      • die unteren Abschnitte der tiefen Beugesehne sowie deren Insertion am Hufbein - aber nicht immer vollständig
    • Die Hufgelenksanästhesie verursacht auch eine Leitungsanästhesie und betäubt dadurch entfernte Strukturen
      • alle Strukturen wie bei einer RPA
      • die tiefe Beugesehne und deren Insertion,  aber nicht immer
      • keine Betäubung der Ballen und Trachtenregion
    • Die Hufgelenksanästhesie bewirkt:
      • bei einer Erkrankung des Strahlbeinknochens im Vergleich meist eine stärkere Schmerzausschaltung als die Bursaanästhesie
      • bei einer Erkrankung der Weichteilgewebe des Strahlbeinkomplexes eine geringere Schmerzausschaltung als eine Bursaanästhesie
    • Die TPA betäubt auch die Huflederhaut der Trachten, der seitlichen Wand und  der Sohle sowie die Hufknorpel, die RPA betäubt die Trachtenregion wie die Hufgelenksanästhesie nicht.
    • Die tiefe Beugesehne wird durch einen Ast versorgt, der schon relativ weit proximal in der Fesselbeuge in die Sehne eintritt und von dort nach distal zieht, weshalb die tiefe Beugesehne durch TPA1 und RPA nicht volständig betäubt wird. Bei Verklebungen der tiefen Beugesehne, Längsrissen, Insertionsdesmopathien oder erheblichen Schäden der tiefen Beugesehne ist die RPA und TPA1 oft negativ oder bringt nur wenig Besserung, die TPA2/Fesselringblock ist dann meist positiv, nicht selten aber führt erst der tiefe 4-Punkt Block zur Lahmheitsfreiheit.

 

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